Teaching Analysis Poll

Was ist das Teaching Analysis Poll (TAP)?

Das Teaching Analysis Poll (TAP) ist eine partizipative Evaluationsmethode für qualitatives, dialogorientiertes Feedback zur Lehrentwicklung an Hochschulen. Es dient dazu, Lehrende und Studierende einer laufenden Lehrveranstaltung gezielt in einen Austausch über die erlebten Lehr- und Lernprozesse zu bringen. Im Gegensatz zu klassischen, meist quantitativen Evaluationen steht beim TAP das gemeinsame Gespräch und die partizipative Mitgestaltung der Lehre im Mittelpunkt. Durchgeführt wird das TAP i.d.R. durch einen geschulten TAP-Moderator (z.B. einen Experten auf dem Gebiet der Hochschuldidaktik).

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I. Planung

Konzeptionelle Vorbereitung:

Der Grundstein einer gelungenen TAP liegt in einer sorgfältigen Planung. Zunächst werden die Zielsetzungen der Evaluation festgelegt: Möchte man beispielsweise konkrete Hinweise zur Verbesserung der Interaktion, zur Art der Inhaltsvermittlung oder der Lernumgebung erhalten? Anstelle rein quantitativer Standardfragebögen setzt TAP auf offene, qualitative Rückmeldungen der Lernenden, die die individuellen Lehr- und Lernkontexte berücksichtigen.

Themenauswahl und Fragestellungen:

  • Schwerpunkt definieren: Es werden zentrale Aspekte der Lehrveranstaltung bestimmt, die evaluiert werden sollen (z. B. Verständlichkeit der Inhalte, Strukturierung der Lehrveranstaltung, Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden).
  • Offene Fragen formulieren: Statt starr formulierter Items kommen offene Fragen zum Einsatz, die den Lernenden Raum für differenzierte Rückmeldungen bieten.
  • Zeitpunkt festlegen:  Die TAP-Sitzung sollte zu einem Zeitpunkt geplant werden, an dem bereits erste Erfahrungen vorliegen, z.B. im ersten Drittel oder zur Hälfte der Lehrveranstaltung, aber auch in mehreren kurzen Intervallen ist ein Einsatz möglich.

Räumliche und technische Voraussetzungen:

  • Moderationskonzept: Zu empfehlen ist einen externen (TAP-)Moderator zu Rate zu ziehen, der die Diskussion leitet, um eine neutrale Atmosphäre zu gewährleisten. Dies ermöglicht auch den Lernenden sich frei und anonym über die Lehrveranstaltung zu äußern, ohne selbst Nachteile fürchten zu müssen.
  • Medien und Tools: Bei digitalen Lehrveranstaltungen können interaktive Tools (Online-Umfragen, digitale Pinnwände) verwendet werden. Im Präsenzbereich eignen sich z.B. Moderationskarten oder Whiteboards oder auch Audience-Response-Systeme. 

II. Durchführung

Die Durchführung der TAP erfordert ein ausgewogenes Verhältnis aus Struktur und Offenheit, um einerseits klare Rückmeldungen zu erhalten und andererseits den kreativen Austausch anzuregen.

Ablauf der TAP-Sitzung:

Die Durchführung der TAP folgt einem strukturierten, aber flexiblen Ablauf, der Raum für spontane Rückmeldungen lässt:

Einführung und Zielklärung:

  • Kurze Erläuterung des Ablaufs und der Intention der Methode durch den (TAP-)Moderator.
  • Studierenden sollten sich als aktive und gleichberechtigte Partner im Lehr-/Lernprozess verstehen.
  • Nach dem Einführung verlasst der Lehrende den Raum und der (TAP-)Moderator übernimmt die Leitung.

Ein klassisches TAP besteht aus drei aufeinanderfolgenden Schritten.

  • 1. Feedback-Runde & Dokumentation

    Befragung der Studierenden:

    • Die Studierenden erhalten die Möglichkeit, in kurzen Äußerungen mitzuteilen, was ihnen in der Lehrveranstaltung positiv aufgefallen ist und wo sie Verbesserungspotenzial sehen.
    • Typische Fragen lauten:
      • „Was lief heute gut?"
      • „Was könnte in Zukunft noch besser unterstützt werden?"
      • „Wodurch lernen Sie hier am meisten?"
      • „Was verhindert Ihr Lernen“
      • „Welche Verbesserungsvorschläge haben Sie“
    • Je nach Gruppengröße kann dies entweder in Kleingruppen oder in einer großen Runde erfolgen.
    • Wichtig ist, dass die Rückmeldungen respektvoll und konstruktiv geführt werden. Dies kann durch etablierte bzw. (gemeinsam) vorab definierte Gesprächsregeln unterstützt werden.
    • Der Einsatz von digitalen Tools (z. B. anonymen Online-Umfragen) kann dazu beitragen, Hemmungen bei der Rückmeldung abzubauen.

     

    Dokumentation:

    • Die Rückmeldungen werden direkt (schriftlich oder digital) durch den (TAP-)Moderator festgehalten, priorisiert und protokolliert.
    • Es empfiehlt sich, die Aussagen thematisch zu ordnen, um den späteren Auswertungsprozess zu erleichtern. 
  • 2. Auswertungsgespräch mit dem Lehrenden

    Die TAP-Moderation (z.B. Hochschuldidaktik, dem Qualitätsmanagement) bespricht die anonymisierten Ergebnisse mit dem Lehrenden. Dabei werden mögliche Maßnahmen und Verbesserungen thematisiert und ggf. erste Umsetzungsschritte diskutiert.

  • 3. Feedbackgespräch mit den Lernenden

    Der Lehrende bespricht die Ergebnisse und geplanten Maßnahmen offen mit den Lernenden. Gemeinsam werden Lösungen gesucht und nächste Schritte vereinbart. 

    Moderierte Diskussion durch den (TAP-)Moderator:

    • Eine anschließende offene Diskussion kann dazu dienen, erste Anknüpfungspunkte für Verbesserungsmaßnahmen sichtbar zu machen (Transparenz).
    • Optional kann zusätzlich ein zweiter, vertiefender Gesprächsblock anschließen, in dem konkrete Umsetzungsschritte besprochen werden.

III. Auswertung von TAPs

Qualitative Auswertung der Rückmeldungen

Thematische Zusammenfassung:

  • Die gesammelten Rückmeldungen werden systematisch kategorisiert (z.B. in Positives, konstruktive Kritik, Verbesserungsvorschläge).
  • Häufig wiederkehrende Themen oder Kritikpunkte können als Indikatoren für allgemeine Stärken und Schwächen der Lehrveranstaltung herangezogen werden.

Ableitung konkreter Handlungsimpulse: 

  • Anhand der Ergebnisse werden konkrete Maßnahmen geplant, die direkt in die zukünftige Gestaltung der Lehrveranstaltung einfließen.
  • Eine Dokumentation der besprochenen Themen und der später umgesetzten Maßnahmen stärkt die Transparenz gegenüber den Lernenden.

Reflexionsgespräch:

  • Es ist empfehlenswert, die Auswertung in einem gemeinsamen Gespräch (z.B. in Nachbesprechungssitzungen) mit den Lernenden und dem Lehrenden zu diskutieren.
  • Hierbei kann außerdem die Effektivität bereits umgesetzter Maßnahmen überprüft und weiter optimiert werden.

Unterstützende Methoden und Tools

  • Einsatz von Visualisierungstechniken (z. B. Mindmaps oder Diagrammen), um die Kernpunkte übersichtlich darzustellen.
  • In einer erweiterten Variante können auch kollegiale Teaching Analysis Polls durchgeführt werden, um den Austausch zwischen Lehrenden zusätzlich zu fördern. 

Sonderform: Das kollegiale TAP

Hier übernehmen qualifizierte Lehrende die Moderation und führen TAPs in den Kursen ihrer Kollegen durch. Dies erweitert den Wirkungskreis: Nicht nur Studierende und Lehrende der jeweiligen Veranstaltung profitieren, sondern auch die Lehrenden untereinander durch den kollegialen Austausch.

Durch eine systematische und transparente Auswertung wird TAP zu einem kontinuierlichen Instrument der Lehrentwicklung, das konkret nachvollziehbare Verbesserungen und Anpassungen ermöglicht.

Vor- und Nachteile des TAP-Ansatzes

  • Vorteile
    • Partizipation und Mitgestaltung: Studierende erleben sich als aktive Partner im Lehr-/Lernprozess, was das Engagement und die Lernmotivation steigern kann. TAP versteht Lehre als gemeinsamen Prozess: Studierende und Lehrende gestalten die Lehrveranstaltung aktiv mit.
    • Kontextsensitive Rückmeldungen (Qualitativ und dialogisch): Das qualitative Feedback liefert differenzierte Hinweise, die über standardisierte Evaluationsbögen oft nicht erfasst werden können. Das TAP ermöglicht dadurch eine inhaltliche Tiefe und Reflexion, da Studierende ihre Antworten frei formulieren und in Kleingruppen diskutieren können.
    • Konkrete Handlungsempfehlungen: Lehrende erhalten spezifische, praxisnahe Anregungen, die punktgenau auf den Lehrkontext bezogen sind.
      Direktes und zeitnahes Feedback: Da TAPs oft in der Mitte des Semesters stattfinden, können Verbesserungen noch in einer laufenden Lehrveranstaltung umgesetzt werden.
    • Flexibler Einsatz: TAP kann je nach Veranstaltung skaliert und an unterschiedliche Lehrformate angepasst werden.
  • Nachteile
    • Zeit- und Ressourcenaufwand: Die Vorbereitung, Durchführung und besonders die qualitative Auswertung sind im Vergleich zu standardisierten Umfragen aufwendiger.
    • Subjektivität der Rückmeldungen: Offene Feedback-Formate können manchmal zu subjektiv sein und bedürfen einer sorgfältigen Moderation und differenzierten Bewertung.
    • Ungleichgewicht in der Beteiligung: Nicht alle Lernenden beteiligen sich möglicherweise aktiv, was zu einer Verzerrung der Ergebnisse führen kann.
    • Erfordernis didaktischer Kompetenz: Die effektive Moderation und Interpretation der Rückmeldungen erfordert oft gezielte Schulungen der Lehrenden und ggf. eine anschließende Begleitung.

Didaktische Tipps für die konkrete Umsetzung

  • 1. Transparenz schaffen

    Die Lehrveranstaltung oder das Semester sollte mit einer kurzen Einführung in die Methode begonnen werden, in der erläutert wird, wie und warum TAP eingesetzt wird. Dadurch wird die Bereitschaft zur aktiven Teilnahme gefördert.

  • 2. Agenda und Regeln festlegen

    Klare Gesprächsregeln (z.B. respektvoller Umgang und konstruktive Kritik) schaffen einen sicheren Rahmen für offene Rückmeldungen.

  • 3. auf eine (externe) (TAP-)Moderation zurückgreifen

    Eine professionelle Moderation (z.B. auch durch erfahrene Kollegen) kann helfen, alle Perspektiven gleichermaßen einzubinden und zu strukturieren.

  • 4. Technische Unterstützung nutzen

    Die Implementierung digitaler Tools ermöglicht anonymes Feedback. Eine Visualisierung der Ergebnisse (z.B. per Mindmap oder Flipchart) hilft Inhalte transparent abzubilden.

  • 5. Feedback als kontinuierlichen Prozess verstehen

    Regelmäßige TAP-Sessions, etwa zu Beginn, in der Mitte und zum Ende des Semesters helfen kontinuierlich auf Probleme reagieren zu können.

  • 6. Nach- / Follow-Up-Gespräche

    Zusätzliche Gespräche zur Reflexion der Ergebnisse sollten eingeplant werden. Dies erhöht die Akzeptanz und zeigt den Lernenden, dass ihr Feedback konkret in Verbesserungsmaßnahmen umgesetzt wird.

  • 7. Dokumentation und Evaluation

    Ein Einsatz eines schriftlichen Protokolls der Rückmeldungen und der daraus abgeleiteten Maßnahmen ist empfehlenswert. Dies erleichtert die Nachvollziehbarkeit und den Transfer von Erfahrungen auf weitere Veranstaltungen.

Literaturtipps

Treeck, van T.: Planung und Durchführung einer Teaching Analysis Poll (TAP). TH Köln, Zentrum für Lehrentwicklung. Online verfügbar unter: https://www.th-koeln.de/mam/downloads/deutsch/hochschule/profil/lehre/planung_und_durchfuhrung_tap.pdf.

Wessel, K. & Kopp, J. (2024): Kollegiale Teaching Analysis Polls (TAP) als Beitrag zu einer partizipativen offenen Hochschullehre. die hochschullehre, Jahrgang 10/2024. DOI: 10.3278/ HSL2433W. Online verfügbar unter: wbv.de/die-hochschullehre.