KI in der Hochschullehre

Mit der Verfügbarkeit von ChatGPT im November 2022 ist das Thema KI in der Allgemeinheit angekommen und inzwischen Teil der wissenschaftlichen, beruflichen und gesellschaftlichen Praxis. Bei ChatGPT handelt es sich um einen Assistent, der auf der Basis eines zugrundeliegenden Sprachmodells Fragen und Anfragen beantworten und Informationen bereitstellen kann.

Stand: 25.01.2024

Hinweise zur Nutzung von KI-Anwendungen

Bitte beachten Sie, dass bei der Nutzung von KI-Anwendungen personenbezogene Daten wie z.B. Namen, E-Mail-Adressen, IP-Adressen durch die KI-Anbieter verarbeitet werden können. Auch von Ihnen in KI-Anwendungen eingegebene Informationen können von KI-Anbietern ausgewertet bzw. zum Training der KI verwendet werden.

Was ist ChatGPT?

ChatGPT steht für „Generative Pre-trained Transformer“ und ist ein KI-Sprachmodell, das ähnlich wie ein neuronales Netzwerke funktioniet und auf die Generierung von Texten trainiert wurde (Fachartikel zur Funktionsweise (PDF)). Es handelt sich um einen textbasierten Chatbot, der mit Menschen interagieren kann und darauf trainiert ist, möglichst natürliche Sprache zu produzieren. Anhand statistischer Wahrscheinlichkeiten wird das Auftreten von Wörtern in bestimmten Kontexte berechnet. Mittels sog. "Prompts" (konkrete Fragen bzw. Fragestellungen an die KI), werden von ChatGPT Antworten generiert. Über den Chat-Verlauf kann jederzeit auf den konkreten Kontext Bezug genommen werden.

Wie kann ChatGPT eingesetzt werden?

ChatGPT kann von Lehrenden wie Studierenden für Lehre und Studium genutzt werden:

  • Ideensammlung: "Gib mir 5 Ideen für ein studentisches Projekt im Bereich XYZ."
  • Vorschläge für Aufgaben / Wissensabfragen: "Formuliere drei Aufgaben zu dem folgenden Text."
  • Individualisiertes Feedback: "Ich habe einen Python-Code geschrieben für XYZ, leider funktioniert der Code aber nicht. Wo ist der Fehler?"
  • Entwürfe für Feedback: "Beurteile die Korrektheit und Vollständigkeit der Antwort (Antwort muss zuerst eingegeben werden) auf die folgende Klausurfrage.""Bewerte den Text und achte dabei insbesondere auf..."
  • E-Assessment-Aufgaben erstellen: "Ich benötige eine Multiple-Choice-Aufgabe zum Thema XYZ. Gib mir 5 Fragen mit jeweils 4 Antworten, von denen jeweils nur eine richtig ist."
  • Prüfungsfragen erstellen: "Generiere mir 5 Prüfungsaufgaben zu folgendem Text: [URL einfügen]."
  • Übungsaufgaben generieren: "Die Studierenden meiner Lehrveranstaltung XYZ sollen sich mit dem Thema XYZ auseinandersetzen. Schlage mir drei Aufgaben für Studierende mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad vor (leicht, mittel, schwierig)".
  • Lösungen erklären lassen: "Bitte erkläre mir die folgende Gleichung a^2+b^2=c^2."
  • Gliederungen: "Wie könnte eine Gliederung zu einer Präsentation zum Thema xy aussehen?"
  • Texte zusammenfassen und vereinfachen: "Was sind die Kernaussagen des folgenden Textes?" oder "Schreibe eine Zusammenfassung von Goethes Faust mit max. 1000 Zeichen."
  • Quellen zusammenfassen (Webseiten): "Fasse den folgenden Text in 5 Sätzen zusammen: [URL einfügen]."
  • Python oder HTML schreiben: "Erstelle ein Grundgerüst für eine Standard HTML-Seite" oder "Schreibe den HTML-Quellcode für eine Webseite im 2-spaltigen Design."
  • Modul-/Veranstaltungsbeschreibungen verfassen: "Formuliere mir eine Modulbeschreibung zur Vorlesung XYZ."
  • ...
Eingaben ("Prompts")

Dokumentation für Prompts in ChatGPT (in englischer Sprache): Alan D. Thompson: The ChatGPT Prompt Book

Beispiele für den Einsatz von ChatGPT von Andrew Herft (deutsche Übersetzung von Alexander König): "A Teacher's Prompt Guide to ChatGPT" (EN) / "Leitfaden für Lehrkräfte zur Nutzung von ChatGPT" (DE)

"Offener Prompt-Katalog" des KI-Campus (Hochschulforum Digitalisierung)

Wo stößt ChatGPT an seine Grenzen?

  • ChatGPT verwendet z.T. veraltete oder nicht-wissenschaftliche Quellen, was zu unvollständigen oder fehlerhaften Antworten führen kann. Es besteht auch die Möglichkeit, dass relevante wissenschaftliche Studien, die nicht frei zugänglich sind, nicht berücksichtigt werden.
  • ChatGPT kann Fehlinformationen generieren, insbesondere in Bezug auf wissenschaftliche Konzepte. Dies kann zu Fehlvorstellungen bei Studierenden führen, z.B. wenn es um inhaltliche Feinheiten oder komplexe Zusammenhänge geht.
  • Es ist unklar, ob ChatGPT möglicherweise Urheberrechte verletzt, wenn es auf geschützte Materialien zugreift und diese in seinen Ausgaben verwendet. Zur Vertiefung: Rechtsgutachten zu ChatGPT & Co.
Rechtliche Fragen & Kennzeichnungspflichten

Urheberschaft an KI-generierten Texten: KI-gestützte Programme sind keine Autoren/Urheber der von ihnen erzeugten Texte im Sinne des Urheberrechtsschutzgesetzes (UrhG). Verwenden Nutzer KI-Tools als Hilfsmittel für ihre eigene gestalterische Tätigkeit, dann können diese die Urheberschaft an den erzeugten Texten beanspruchen (ein signifikanter Anteil an geistiger Eigenleistung vorausgesetzt).

Kennzeichnungspflichten im akademischen Kontext: Abhängig von den jeweils geltenden Prüfungsordnungen bzw. Nutzungsbedingungen einer Software kann sich eine Kennzeichnungspflicht für KI-generierte Inhalte im akademischen Kontext ergeben (ein Beispiel für eine Erklärung findet sich beim Hochschulforum Digitalisierung (Direktlink).

Gute wissenschaftliche Praxis/Täuschungsversuche: Die gekennzeichnete Übernahme von KI-generierten Inhalten stellt in der Regel keinen formalen Verstoß gegen die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis dar. Bei der Verwendung ungekennzeichneter Inhalte kommt es darauf an, wie der generelle Umgang mit Hilfsmitteln und Quellen geregelt ist (z.B. ob eine ungekennzeichnete Übernahme als Verstoß bzw. Täuschungsversuch zu werten ist). Alternativ kann die Verwendung von KI-Werkzeugen auch erlaubt sein (z.B. über Eigenständigkeitserklärungen), in diesem Fall ist nicht von einem wissenschaftlichen Fehlverhalten auszugehen.

Einsatz von KI-Tools durch Lehrende: 1) Prüfungsrecht: Bei einer Bewertung können KI-Tools nur als Hilfsmittel verwendet werden, da eine Bewertung durch den Prüfer selbst und nicht durch eine Software zu erfolgen hat. 2) Urheberrecht: Prüfungsleistungen sind urheberrechtlich geschützt. Eine Eingabe in eine KI-Anwendung ist mindestens dann nicht zulässig, wenn die KI die eingegebenen Daten zu Trainingszwecken weiterverwendet oder anderweitig nutzt.

Quelle: Weitere Hinweise können dem Rechtsgutachten zu ChatGPT & Co „Didaktische und rechtliche Perspektiven auf KI-gestütztes Schreiben in der Hochschulbildung“ entnommen werden.

Wie sollte mit ChatGPT in der Lehre umgegangen werden?

Ziel beim Einsatz von ChatGPT in Lehre und Studium sollte eine offenes Thematisieren von KI-Tools für das Lehren und Lernen sein. Ziel ist eine verantwortungsvolle und gewinnbringende Verwendung und das Aufzeigen von Möglichkeiten und Grenzen KI-generierter Inhalte. Studierenden sollten sich über folgende Aspekte im Klaren sein:

  • Funktionsweise von ChatGPT: Die Studierenden sollten verstehen, wie KI funktioniert, woher die Daten stammen und sich der Möglichkeiten und Grenzen bewusst sein. Zum Beispiel, dass ChatGPT keine Quellen angeben kann.
  • Verwendung von ChatGPT in Einklang mit akademischen Werten und Normen: Es ist ratsam, mit den Studierenden über wissenschaftliche Standards wie Objektivität und Quellenangaben im Zusammenhang mit ChatGPT zu sprechen.
  • Datenqualität: Studierenden muss verdeutlicht werden, dass von einer KI generierte Informationen nicht ohne Prüfung übernommen werden dürfen. Fragen der Vertrauenswürdigkeit und Datenqualität sind zu thematisieren.
  • Datenschutz: Die Studierenden sollten verstehen, wie ihre Daten bei der Nutzung von ChatGPT gesammelt, gespeichert und verwendet werden.
  • KI als Lehr-Lerninstrument (KI als Assistent/Lernbegleiter): ChatGPT kann auch als Lern- und Lehrmethode in Lehrveranstaltungen integriert werden. Die Studierenden erarbeiten sich das Wissen anhand von KI-Technologien und werden vom Lehrenden im Prozess des Problemlösens unterstützt und fachlich begleitet.
  • Leistungsüberprüfungen: Die klassische Textproduktion als Leistungsnachweis (z.B. in Form von Belegarbeiten, Hausarbeiten) ist aufgrund der KI-Funktionalitäten zukünftig weniger geeignet. Die Erkennung von KI-generierten Texten erweist sich in der Praxis als schwierig. Der Fokus sollte daher in Zukunft auf formativen und lernbegleitenden Leistungsnachweisen liegen, die nicht das fertige Endprodukt, sondern den Prozess dorthin zum Ziel haben.
  • Regeln zum Umgang mit KI für das Ablegen der Prüfungsleistung: Lehrende sollten zu Beginn der Lehrveranstaltung transparent darlegen, inwieweit Studierende KI in der Lehrveranstaltung und ggf. in der Prüfungsleistung einsetzen dürfen.

Einsatzmöglichkeiten für Lehrende

  • Anregungen für die Gestaltung der eigenen Lehre
    • Vorschläge für die Erstellung von Quiz-Fragen (Audience-Response)
    • Ideen für die Erstellung von Argumenten für eine Pro-Contra-Diskussion
    • Impulse für Rollenspielszenarien auf der Basis vorgegebener Texte
  • Erstellung individualisierten Materials
    • Vorschläge für Aufgabenstellungen für Studierende, je nach Leistungsniveau und Interessen
    • Beantworten von Fragestellungen durch ChatGPT, die danach an Studierende gestellt werden
    • Codegenerierung bzw. Prüfen von selbsterstellten Code
    • Erstellung von Aufgaben (z.B. Multiple Choice) mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden
  • Nutzung bestehender Inhalte für neue Material-Formate
    • Skripte für Podcasts oder Erklärvideos für Studierende
    • Fälle oder Beispiele zur Nutzung in Vorlesungen/Seminaren
    • Formulieren von Fragestellung anhand vorhandener Texte
    • Erstellen von Zusammenfassungen eigener Texte, z.B. um zu prüfen, ob die Kernaussagen erkennbar sind
  • Optimieren von Instruktionen, Übersichten etc.
    • Formulierung von Lehr-Lernzielen
    • Anleitungen für die Bearbeitung von Aufgaben
    • Prüfen der Verständlichkeit von Aufgabenstellungen
  • Erstellen standardisierter Texte
    • Veranstaltungsbeschreibungen zur Orientierung für Studierende
    • Nachrichten an Studierende (z.B. Erinnerung an Abgabetermine, Begrüßung zur Veranstaltung)
    • Anleitungen zum Verfassen schriftlicher Arbeiten
    • Bedienungsanleitungen bzgl. verwendeter digitaler Tools
  • Bewertung von Prüfungsfragen
    • Prüfung der Formulierung von Prüfungsfragen hinsichtlich Verständlichkeit und Ergebnis
    • Generieren von Testfragen zu einem Thema
  • Diskussion über Ergebnisse aus KI
    • Ergebnisse durch die KI generieren und von Studierenden bewerten und einordnen lassen (z.B. auch in Prüfungen)
    • Förderung kritischen Denkens durch kritisches Hinterfragen von KI-Ergebnissen

Quelle: Übersicht zu ChatGPT im Kontext HochschulLehre (Universität Hamburg) 

Einsatzmöglichkeiten für Studierende

  • Unterstützung im Schreibprozess
    • Schreibblockaden lösen
    • Literatur/Quellen durchforsten
    • eigene Texte zusammenfassen (z.B. sind die Kernaussagen enthalten?)
    • Kritisches Hinterfragen von Texten (Argumentationsstruktur analysieren)
    • "Critical Friend" - den eigenen Text mit von ChatGPT definierten Bewertungskriterien beurteilen lassen
    • Verbessern der Textqualität (Grammatik, Ausdruck)

     

     

     

     

  • Ideen generieren
    • Inspirationen einholen (z.B. Fragestellungen für ein Thema ausgeben lassen)
    • Generieren von Code (als Grundlage für die Weiterentwicklung)
  • Auseinandersetzung mit dem Lernstoff
    • Kritisches Hinterfragen von Fragestellungen / Texten
    • Individualisiertes Feedback
  • Unterstützung beim Lernen
    • Eigene Texte und KI generierte Inhalte vergleichen
    • Finden von Fehlern in eigenen Texten
    • Gemeinsames Diskutieren über Texte
    • Lösungen erklären lassen (z.B. Mathematikaufgaben)
    • Individualisierte Lernmaterialien erstellen (z.B. eigene Lernpfade)

KI-Tools für Lehre und Lernen

Texte

Medien

Aktuelle Fortbildungsangebote zum Thema KI

KI-Campus

Der KI-Campus stellt eine Vielzahl von Selbstlerneinheiten zum Thema KI zur Verfügung. Die Angebote sind kostenlos nutzbar (Stand Mai 2023). Eine Registrierung via E-Mail genügt um auf die Online-Module zugreifen zu können.

Direktlink: https://ki-campus.org

Tipp: Das Lernangebot "Sprachassistenzen als Chance für die Hochschullehre" gibt einen Einstieg ist das Thema ChatGPT.

weiterführende Links

Linksammlung des Hochschulforums Digitalisierung "ChatGPT im Hochschulkontext": https://hochschulforumdigitalisierung.de/de/blog/chatgpt-im-hochschulkontext-%E2%80%93-eine-kommentierte-linksammlung

dghd-Themenreihe KI in der Hochschullehre: www.dghd.de/praxis/veranstaltungskalender/dghd-themenreihe-ki-in-der-hochschullehre/

Dossier Generative KI (Hochschulforum Digitalisierung): https://hochschulforumdigitalisierung.de/de/dossiers/generative-ki

Fakten, Fakes und Fiktion. Die wahre Herausforderung nach Corona (Prof. Dr. Weßels | FH Kiel): https://hochschulforumdigitalisierung.de/de/blog/fakten-fakes-und-fiktion-die-wahre-herausforderung-nach-corona

ChatGPT: five priorities for research (Eva A. M. van Dis, Johan Bollen, Willem Zuidema, Robert van Rooij &  Claudi L. Bockting): https://www.nature.com/articles/d41586-023-00288-7

ChatGPT News, Ratgeber und Tipps bei heise online: https://www.heise.de/thema/ChatGPT

Rechtsgutachten zu ChatGPT & Co: Didaktische und rechtliche Perspektiven auf KI-gestütztes Schreiben in der Hochschulbildung

Stellungnahme des Deutschen Ethikrates zum Thema Künstliche Intelligenz (PDF): "Mensch und Maschine – Herausforderungen durch Künstliche Intelligenz"